Im ersten Teil unserer Blogserie zu Nutzungsänderungen haben wir Ihnen einen umfassenden Überblick darüber gegeben, was eine Nutzungsänderung bei Immobilien ist und welche Aspekte bei der Umwandlung von Gewerberaum in Wohnraum zu beachten sind. Im zweiten Teil vertiefen wir dieses Thema und zeigen Ihnen detailliert, welche Schritte Sie konkret unternehmen müssen, um eine erfolgreiche Nutzungsänderung zu erreichen.
Kann ich eine Nutzungsänderung meiner Eigentumswohnung beantragen?
Die erlaubte Nutzung von Einheiten in Mehrparteienhäusern ist in der Gemeinschaftsordnung festgelegt. Eine Nutzungsänderung kann daher komplex sein, da sie nicht im Widerspruch zu den Interessen der anderen Eigentümer stehen darf.
Ein Beispiel dafür ist ein Fall, der vor dem Bundesgerichtshof (BGH) entschieden wurde (Az.: V ZR 307/16). Ein Eigentümer besaß zwei ehemalige Praxiseinheiten in einem ausschließlich gewerblich genutzten Mehrparteienhaus. Die Teilungserklärung erlaubte nur berufliche oder gewerbliche Nutzung. Da eine Vermietung für gewerbliche Zwecke nicht mehr möglich war, plante der Eigentümer, die Einheiten in Wohnraum umzuwandeln. Die anderen Eigentümer klagten und bekamen letztlich recht. Der BGH entschied, dass solche Umwidmungen grundsätzlich möglich, aber potenziell nachteilig sein können. Bei schwerwiegenden Gründen kann eine Änderung der Gemeinschaftsordnung beantragt werden.
Antrag auf Nutzungsänderung – das müssen Sie beachten
In der Regel wird der Antrag auf Nutzungsänderung vom Eigentümer der Immobilie gestellt, zusammen mit einem Bauvorlageberechtigten wie einem Architekten oder Bauingenieur.
Möchte ein Mieter eine Nutzungsänderung vornehmen, benötigt er die ausdrückliche Zustimmung des Vermieters. Nutzt der Mieter die Immobilie ohne diese Genehmigung für andere Zwecke, kann der Vermieter das Mietverhältnis außerordentlich kündigen. Daher sollten Mieter schon im Mietvertrag die Zweckbestimmung und mögliche Änderungen klar festlegen.
So läuft der Antrags-Prozess für die Nutzungsänderung ab:
- Einreichung des Bauantrags: Als erstes erfolgt für die beantragte Nutzungsänderung die Einreichung eines Bauantrags bei der zuständigen Kommune. Dieser Antrag muss detaillierte Informationen zur geplanten Nutzungsänderung und dem aktuellen Zustand des Gebäudes enthalten. Darüber hinaus sind verschiedene weitere Unterlagen erforderlich, um den Antrag vollständig zu machen. Das Bauantragsformular für Niedersachsen finden Sie hier.
- Prüfung und Stellungnahmen: Nachdem der Bauantrag eingereicht wurde, prüft die zuständige Kommune den Antrag und leitet ihn an die entsprechende Genehmigungsbehörde weiter, in der Regel die Bauaufsichtsbehörde. Diese Behörde bewertet den Antrag umfassend und kann Stellungnahmen von anderen relevanten Behörden wie dem Umweltamt oder dem Brandschutzamt einholen, um sicherzustellen, dass alle Aspekte berücksichtigt werden.
- Entscheidung und Auflagen: Die Genehmigung der Nutzungsänderung kann an bestimmte Auflagen und Bedingungen geknüpft sein, wie z.B. Anforderungen an den Brandschutz oder die Schallisolierung. Es ist wichtig zu beachten, dass das Genehmigungsverfahren für eine Nutzungsänderung in den jeweiligen Landesbauordnungen geregelt ist und je nach Bundesland und Art der geplanten Änderung variieren kann.
- Dauer des Baugenehmigungsverfahrens: Die Zeitspanne von der Antragstellung bis zur Erteilung der Baugenehmigung hängt von der Komplexität der Nutzungsänderung und der Auslastung der Baubehörde ab. Im Durchschnitt dauert das Verfahren zwischen 4 und 6 Monaten oder noch länger. Stellen Sie Ihren Antrag daher frühzeitig.
- Umbau und Abnahme: Nach der Genehmigung der Nutzungsänderung wird eine neue Baugenehmigung ausgestellt, die den geänderten Nutzungszweck dokumentiert. Erst nach Erhalt dieser Genehmigung dürfen die Umbauarbeiten beginnen. Nach Abschluss der Arbeiten erfolgt eine Abnahme durch die Baubehörde, die überprüft, ob alle Pläne und Vorschriften eingehalten wurden. Bei erfolgreicher Abnahme wird die neue Nutzung freigegeben.
Welche Unterlagen brauche ich für eine Nutzungsänderung?
Für den Antrag auf eine Nutzungsänderung sind neben dem Bauantragsformular verschiedene Unterlagen erforderlich, die je nach Landesbauordnung variieren können:
- Plan- und Bauzeichnungen
- Statische Berechnungen
- Nachweise zur Brandschutztechnik und zum Immissionsschutz
- Stellplatznachweis
- Energieausweise
Mit welchen Kosten muss ich für die Nutzungsänderung von Gewerbe zu Wohnraum rechnen?
Die Gebühren für eine Nutzungsänderung sind in der Bauaufsichtsgebührensatzung der jeweiligen Kommunen festgelegt. Diese umfassen:
- Gebühren für den Bauvorlageberechtigten, z.B. den Architekten, der den Bauantrag erstellt.
- Kosten für die notwendigen Umbauarbeiten, die je nach Umfang der baulichen Maßnahmen stark variieren können. Bei umfangreichen baulichen Eingriffen wie einer Entkernung oder Anpassungen der Statik können die Kosten pro Quadratmeter erheblich sein. Kleinere Anpassungen sind entsprechend günstiger.
- Mögliche Ablösesummen, wenn die vorgeschriebene Anzahl an Stellplätzen nicht nachgewiesen werden kann.
Diese Förderungen für die Umwandlung von Gewerbe in Wohnraum gibt es
Die Bundesregierung unterstützt grundsätzlich die Umnutzung von leerstehenden Gewerbeflächen in Wohnungen als kostengünstige und ressourcenschonende Alternative zum Neubau. Bis zu 235.000 neue Wohneinheiten könnten so in zentralen Innenstadtlagen entstehen.
Es bleibt abzuwarten, ob und welche neuen Fördermöglichkeiten in Zukunft geschaffen werden.
Was passiert, wenn eine Nutzungsänderung ohne vorherige Genehmigung durchgeführt wird?
Davon raten wir Ihnen in jedem Fall ab, dann die Missachtung der Vorschriften zur Nutzungsänderung kann schwerwiegende Folgen haben. Es ist immer ratsam, im Zweifelsfall die örtliche Baubehörde zu konsultieren und zu klären, ob ein Antrag auf Nutzungsänderung erforderlich ist, denn folgende Konsequenzen können bei einer ungenehmigten Nutzungsänderung drohen:
- Es können Bußgelder / Strafen verhängt werden
- Die Nutzungsänderung kann von der Baubehörde abgelehnt werden
- Ein bestehender Versicherungsschutz kann entfallen
- Der Rückbau der baulichen Veränderungen kann gefordert werden
- Die Nutzung kann die Nachbarschaft und die Umwelt beeinträchtigen
- Eigentümer können Haftungsrisiken ausgesetzt sein
Auch hier gilt das Sprichwort: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht! Unkenntnis über die Notwendigkeit eines Nutzungsänderungsantrags schützt nicht vor rechtlichen Konsequenzen.
Was passiert bei Ablehnung der Nutzungsänderung?
Sollte die Baubehörde Ihre Nutzungsänderung ablehnen, stehen Ihnen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:
- Widerspruch einlegen: Sie können formell Widerspruch gegen die Entscheidung der Baubehörde einlegen. Dies ist der erste Schritt, um die Ablehnung anzufechten und eine erneute Überprüfung zu veranlassen.
- Klage erheben: Falls der Widerspruch abgelehnt wird oder nicht zum gewünschten Ergebnis führt, haben Sie die Möglichkeit, vor Gericht Klage einzureichen. Ein Gericht kann die Entscheidung der Baubehörde überprüfen und gegebenenfalls aufheben.
- Neuer Antrag: Eine weitere Option ist die Einreichung eines neuen Antrags, der überarbeitete Baupläne oder zusätzliche Auflagen enthält, um den Anforderungen der Baubehörde besser zu entsprechen und die Genehmigungschancen zu erhöhen.
Die genaue Vorgehensweise hängt von den individuellen Umständen und der Begründung für die Ablehnung ab. Es kann hilfreich sein, sich in diesem Prozess von einem Fachanwalt für Baurecht oder einem erfahrenen Architekten beraten zu lassen, um die bestmöglichen Erfolgsaussichten zu gewährleisten.
Chancen und Herausforderungen bei der Nutzungsänderung
Die Umwandlung von Gewerberaum in Wohnraum bietet eine attraktive Möglichkeit, auf den steigenden Wohnraumbedarf zu reagieren und ungenutzte Gewerbeflächen sinnvoll zu nutzen. Der Prozess der Nutzungsänderung ist jedoch komplex und erfordert eine sorgfältige Planung sowie die Einhaltung zahlreicher rechtlicher Vorgaben. Mit der richtigen Vorbereitung und professioneller Unterstützung können die Herausforderungen gemeistert und die Chancen optimal genutzt werden. Sprechen Sie uns jederzeit an, wenn Sie bei der Nutzungsänderung Unterstützung benötigen!
Quelle: https://www.immowelt.de/ratgeber/kaufen/gewerbe-umwandeln
Sie haben Fragen oder benötigen Unterstützung bei diesem Thema?
Kontaktieren Sie uns jederzeit
Diese Themen könnten Sie auch interessieren:
18. Dezember 2024
Nutzungsänderung bei Immobilien – Teil 1
5. Februar 2024
Das Gebäudeenergiegesetz 2024
7. September 2023
Wertverlust bei Häusern mit schlechter Energiebilanz
5. Juni 2023